SDL-Zertifizierung: Mein Fazit
Ich hatte es in den letzten Wochen öfter einmal kurz erwähnt, dass ich diesen Sommer im Rahmen einer Universitätsveranstaltung die Trados Zertifizierung Stufe 1 – Erste Schritte ablegen werde. Die Zertifizierung habe ich gestern abgelegt und auch beim ersten Versuch erfolgreich gemeistert! Hier nun mein Fazit:
Wie habe ich mich vorbereitet?
Ich habe im Laufe der letzten Wochen die Arbeitsmappe durchgelesen, das mir in meinem Benutzerkonto von SDL nebst Präsentation und Beispieldateien zur Verfügung gestellt wurde. Die Arbeitsmappe umfasst 106 Seiten und ist abgesehen von ein paar Grammatik- und Rechtschreibfehlern gut geschrieben.
Wie sah die Prüfung aus?
Die Prüfung besteht aus vier jeweils zehnminütigen Abschnitten. In jedem Abschnitt müssen zehn Fragen beantwortet werden, so dass man für jede Frage eine Minute Zeit hat. Das war schon ab und zu etwas knapp bemessen, denn die meisten Fragen waren derart detailliert, dass man die Antwort darauf in der Schulungsmappe nachschlagen musste. Zu jeder Frage gab es vier Antwortmöglichkeiten, von denen immer nur jeweils eine korrekt war.
Das Prüfungsergebnis erhält man direkt im Anschluss. Dort sieht man, in welchem Abschnitt wie viele Fragen richtig beantwortet wurden und ob man die erforderliche Mindestanzahl von 30 richtig beantworteten Fragen erreicht hat. Leider ist nicht einsehbar, welche Fragen man falsch beantwortet hat.
Mein Fazit: (Was) Nützt die Zertifizierung?
Ich bin froh, dass ich die Zertifizierung einmal gemacht habe, da ich mir nun eine eigene Meinung bilden konnte: Es wird vorerst die erste und letzte Zertifizierung von SDL sein, die ich ablegen werde!
Die zehn Minuten Zeit für zehn Fragen sind manchmal etwas knapp bemessen, da die Fragen fast alle derart ins Detail gehen, dass man die Antworten fix in der Schulungsmappe nachschlagen muss. Ich kann von mir behaupten, dass ich alle 106 Seiten der Mappe äußerst gewissenhaft durchgelesen habe und schon seit längerem Übersetzungen mit SDL Trados anfertige und daher die wichtigen Funktionen gut kenne. Dennoch konnte ich von den 40 Fragen nur etwa zehn direkt aus dem Gedächtnis oder aufgrund meiner Erfahrung mit Trados beantworten.
Schade ist natürlich auch, dass es für den Übersetzer wichtig ist, seine Projekte mit Trados praktisch umsetzen zu können und beim Arbeiten zu wissen, welche Schaltflächen anklicken muss. Dieses Wissen theoretisch und aus dem Zusammenhang gerissen abzufragen ist aber ein anderes Paar Schuhe!
Mein Fazit lautet daher, dass die Zertifizierung für mich unnütz ist und nicht die Kenntnisse des Übersetzers widerspiegelt, da das dort abgefragte, detaillierte Wissen für den täglichen Umgang mit Trados eher unnütz ist. Außerdem schließe ich mich der Meinung einiger Kollegen an, dass eine Zertifizierung für Übersetzer grundsätzlich nicht ausschlaggebend sein kann, da der Großteil der Kunden und Auftraggeber weder mit dem CAT-Tool an sich noch mit der Zertifizierung etwas anfangen kann. Schönes Beispiel hier von einem Kollegen: Möchte ich denn, dass mir der Handwerker meines Vertrauens eine Zertifizierung für den Umgang mit seinem Werkzeug vorlegt?
Wie lautet eure Meinung und Erfahrung zu den Zertifizierungen von Trados?
Hallo Frau Gebauer,
ich sehe auch keinen tieferen Sinn in der Trados-Zertifizierung. Für technische Übersetzer mögen DIN ISO-Zertifizierungen etwas bringen, aber die meisten Kunden wissen nichts über TM.
Übrigens bin ich der Meinung, daß Trados und Co. einen gewissen Verrat an uns Übersetzern begangen hat: Trados sollte ein Instrument sein, mit dem wir Übersetzer uns die Arbeit erleichtern können und damit Zeit sparen und mehr verdienen können. Leider ist das Gegenteil der Fall. Unsere Kunden versuchen bei Verwendung des von uns gekauften Trados-Tools unsere Preise zu drücken. Dies ist ein Phänomen, das ich aus keiner anderen Branche kenne.
Freundliche Grüße aus der Waldstadt
Hallo Herr Eisenmann,
mit dem Phänomen des Preisdrückens haben Sie in der Tat Recht, das ist mir in Bezug auf die Verwendung von Trados für bestimmte Aufträge auch aufgefallen. Auch ich kenne es bisher aus keiner anderen Branche.
Ich denke, dass es von SDL nicht beabsichtigt war, solch eine Reaktion der Kunden zu provozieren, die natürlich aufgrund der Matches argumentieren.
Grüße zurück
Hallo Sarah,
schon vor vielen Jahren, als die CAT-Tools gerade aufkamen, hat SDL anscheinend gegenüber Agenturkunden mit dieser Einsparmöglichkeit geworben.
Viele Grüße
Hallo Sarah,
ich bin gerade über deinen Blogbeitrag gestolpert und kann deinem Fazit nur zustimmen. Die Zertifizierung bringt uns Übersetzern relativ wenig und hat auch überhaupt keine Aussagekraft. Sie spiegelt viel mehr das typisch angelsächsisch-amerikanische Geschäftsgebaren wider, möglichst viel aus einem Produkt herauszuholen. Warum also nicht noch eine Zertifizierung anbieten, mit der man noch ein bisschen Geld machen kann. Darüber hinaus habe ich es erlebt, dass bestimmte Marketingleute und Projektmanager diese Fragen sehr gut beantworten können, aber keinen blassen Schimmer davon haben, wie man mit Trados arbeitet. Für sie zählt nur, dass sie das Zertifizierungslogo von SDL in ihre E-Mail-Signatur einbetten können.
Schöne Grüße
Nico
Hallo Nico,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich habe seither auch nichts mehr von den Zertifizierungen gehört und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich an dieser Stelle nicht investieren werde. Wenn Trados für ein Projekt gewünscht ist, gibt es mit Sicherheit auch andere Möglichkeiten, um die eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen!
Viele Grüße,
Sarah
Hallo Sarah,
ich habe vor kurzem ebenso die SDL Zertifizierung abgelegt, allerdings Stufe 2 für fortgeschrittene Benutzer. Ich benutze seit vielen Jahren Trados 2007 und bin nun auf SDL Studio 2011 umgestiegen. Ehrlich gesagt, habe ich die Arbeitsmappe nicht wirklich studiert, habe aber vorher ein Seminar für fortgeschrittene Benutzer besucht, das wirklich sehr hilfreich war. Die Prüfungsfragen fand ich nicht extrem schwierig, obwohl man bei manchen Fragen schon nachdenken musste. Ich glaube, ich hatte einfach keine Angst vor falschen Antworten, weil ich sowieso 3 Versuche hatte. Somit habe ich beim ersten Mal bestanden.
Ob die Zertifizierung was bringt – mal sehen. Mein primäres Ziel ist es, sich von der Konkurrenz abzuheben, weil gerade jetzt der Konkurrenzdruck in meinen Sprachen enorm steigt. Da schauen die Projektmanager und Entscheidungsträger gerne auf zusätzliche Zertifikate und Qualifizierungen. Es kann somit nützlich sein, das SDL Zertifizierungslogo in die eigene Website und E-Mail-Signatur einbetten zu können.
Schöne Grüße
Olga
Liebe Olga,
vielen Dank für deine Einschätzung! Ich wünsche dir natürlich, dass dir die Zertifizierung weiterhilft und du dadurch neue Aufträge generieren kannst.
Viele Grüße,
Sarah
Hallo Sarah,
Ich möchte gern dein Fazit (im Teil „Kritische Stimmen“ in meiner Hausarbeit über die Zertifizierung verwenden, bist du damit einverstanden oder…?
Beste Grüße
Sebastiaan